Vorsorgevollmacht

Wer erledigt Ihre Angelegenheiten, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind? Jeder Mensch kann plötzlich von der Hilfe anderer Personen abhängig werden. Im Rahmen einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie selbst, wer Sie vertritt, wenn Sie aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalles plötzlich nicht mehr entscheidungsfähig sind.

Eine Tastatur mit einem Würfel der das Zeichen für einen Paragrafen zeigt.
Eine Person blättert in einem Rechtsbuch.

Leistungen

Individuelle Interessensvertretung durch eine Vertrauensperson für ganz bestimmte Geschäfte oder generelle Angelegenheiten im Falle des Verlusts der Entscheidungsfähigkeit, wie etwa:

  • gesetzliche Vertretung: z.B. Vertretung vor Behörden, vor Gericht und Vertragspartner*innen (bspw. Antragstellung auf Pflegegeld)
  • Vermögenssorge: z.B. Verwaltung von Barvermögen oder Einkünften
  • Personensorge: z.B. Zustimmung zu medizinischen Behandlungen, Durchführung oder Organisation der sozialen Betreuung
  • Bestimmung des Wohnortes, z.B.: Heimeinzug
  • Verschwiegenheitspflicht

Voraussetzungen

Für die Errichtung:

  • volle Entscheidungsfähigkeit bei Abschluss der Vorsorgevollmacht
  • Festlegung einer oder mehrerer Vertrauenspersonen
  • Festlegung der einzelnen Aufgabenbereiche, für welche die Vertrauensperson/en zuständig ist/sind
  • schriftliche und persönliche Errichtung vor einem*einer Notar*in, einem*einer Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder einem Erwachsenenschutzverein
  • Eintragung der Vorsorgevollmacht im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis durch Notar*in, Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder Erwachsenenschutzverein

Für die Wirksamkeit:

  • ärztliches Zeugnis zur Bescheinigung des Verlusts der Entscheidungsfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung oder vergleichbaren Beeinträchtigung
  • Registrierung des Vorsorgefalls im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis durch Notar*in, Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder Erwachsenenschutzverein

Kosten

Die Kosten für die Errichtung einer Vorsorgevollmacht über einen Erwachsenenschutzverein betragen € 75,- und für die Registrierung € 10,-. Die Kosten für die Errichtung vor einem*einer Notar*n oder einem*einer Rechtsanwalt*Rechtsanwältin sind individuell zu vereinbaren.

Es ist möglich, in der Vorsorgevollmacht einen Aufwandersatz oder ein Entgelt für die vorsorgebevollmächtigte Person festzulegen.

Wohin kann ich mich wenden?

Eine Vorsorgevollmacht kann vor einem*einer Notar*in, Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder – in einfachen Fällen – vor einem Erwachsenenschutzverein schriftlich errichtet werden. Es ist ratsam, sich bei der Errichtung gut beraten zu lassen. Kostenlose Informationen erhalten Sie bei den Erwachsenenschutzvereinen. Informationen erhalten Sie auch bei einem*einer Notar*in oder einem*einer Rechtsanwalt*Rechtsanwältin.

Hinweis: Eine Erstberatung bei Notar*innen ist in Österreich (ohne weitere Leistungen!) kostenlos. Eine kostenlose Erstberatung durch Rechtsanwält*innen erhalten Sie hier.

Häufige Fragen

Entscheidungsfähig ist eine Person dann, wenn sie die Folgen ihres Verhaltens versteht, ihren Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann.

Ob jemand entscheidungsfähig ist oder nicht, ist oft auch eine Frage der Unterstützung (z.B. braucht jemand vielleicht nur eine Person, die einen schwierigen Text in einfachen Worten erklärt, damit er*sie zu einer Entscheidung gelangen kann). Daher muss bei der Beurteilung der Entscheidungsfähigkeit auch berücksichtigt werden, ob die Person durch Unterstützung entscheidungsfähig bleibt.

Bei der Vorsorgevollmacht sind zwei Schritte auseinanderzuhalten. Einerseits die Errichtung und andererseits die Wirksamkeit. Erst mit Eintritt und Eintragung des Vorsorgefalls (Verlust der Entscheidungsfähigkeit) wird eine Vorsorgevollmacht wirksam.

Bei Eintritt des Ernstfalles sind folgende Schritte erforderlich:

1) Einholen eines ärztliches Zeugnisses zur Bescheinigung des Verlustes der Entscheidungsfähigkeit

2) Vorlage des ärztlichen Zeugnisses und Registrierung des Vorsorgefalls bei Notar*in, Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder Erwachsenenschutzverein

3) Die vorsorgebevollmächtige Person erhält nach der Registrierung eine Bescheinigung über die Vertretung.

Personen, die aus bestimmten Gründen ungeeignet erscheinen, oder in einem Abhängigkeitsverhältnis bzw. in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung stehen, dürfen eine Vorsorgevollmacht für eine dort betreute Person nicht übernehmen.

Ja, es können eine oder mehrere Personen als Vorsorgebevollmächtigte für denselben Wirkungsbereich eingesetzt werden.

  • Name, Geburtsdatum, Adresse der Vertrauensperson/en
  • Aufgabenbereiche, für welche die jeweilige/n Vertrauensperson/en zuständig ist/sind
  • individuelle Wünsche über die Zukunft (z.B.: Heimeinweisung, Freizeitgestaltung, medizinische Versorgung)
  • Wenn Sie entscheidungsfähig sind, dürfen immer nur Sie selbst in eine medizinische Behandlung einwilligen bzw. dieser zustimmen.
  • Wenn der Arzt bzw. die Ärztin meint, dass Sie nicht entscheidungsfähig sind, muss er*sie einen Unterstützerkreis einberufen (z.B. Angehörige, Vertrauenspersonen).
  • Nur wenn die Entscheidungsfähigkeit trotz Unterstützung nicht zustande kommt, muss Ihr*e Vertreter*in der medizinischen Behandlung zustimmen, wenn der Wirkungsbereich diese Angelegenheit auch umfasst.
  • In jedem Fall müssen aber auch Sie vom behandelnden Arzt bzw. von der behandelnden Ärztin über die Behandlung informiert und um Ihre Meinung gefragt werden. Bei Uneinigkeit entscheidet das Gericht.

Die Vorsorgevollmacht gilt unbefristet.

Nein, das ist nicht möglich. Die Vorsorgevollmacht kann nur von Ihnen persönlich und schriftlich errichtet werden.

Ja, dies ist jederzeit möglich. Sogar noch nach Verlust der Entscheidungsfähigkeit können Sie sie jederzeit formlos widerrufen. Es genügt dabei, wenn Sie zu erkennen geben, dass Sie nicht mehr vertreten sein wollen. Das „Zuerkennengeben“ führt aber nicht automatisch zur Beendigung der Vertretung, hier braucht es noch die Eintragung im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis durch eine*n Notar*in, Rechtsanwalt*Rechtsanwältin oder Mitarbeiter*in eines Erwachsenenschutzvereins.

Die Vorsorgebevollmächtigte Person unterliegt nur sehr eingeschränkt der gerichtlichen Kontrolle. Es braucht jedoch die Zustimmung des Gerichts bei wichtigen Entscheidungen, wie z.B. bei dauerhafter Wohnortveränderung ins Ausland oder bei medizinischen Behandlungen, wenn sich der*die Vertreter*in und der*die Vertretene uneinig sind. Es ist daher ratsam sich gut zu überlegen, wen man mit einer Vorsorgevollmacht betraut.

Jede Person hat außerdem die Möglichkeit, sich an das zuständige Pflegschaftsgericht (= Bezirksgericht) zu wenden und eine Überprüfung anzuregen, sollte der Verdacht bestehen, dass die Vertretung nicht angemessen ist oder nicht im Sinne der vertretenen Person gehandelt wird.

Grundsätzlich ist Ihre vorsorgebevollmächtigte Person zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die vorsorgebevollmächtigte Person hat aber eine Auskunftspflicht gegenüber Ehegatten*Ehegattin, eingetragene*n Partner*in und Lebensgefährte*Lebensgefährtin, Eltern und Kindern der vertretenen Person zu:

  • geistigem und körperlichem Befinden (Überblick, keine Details)
  • Wohnort
  • Wirkungsbereich der Vertretung

Ausnahme: Keine Auskunft darf erteilt werden, wenn die vertretene Person dagegen widerspricht oder wenn die Auskunft das Wohl der vertretenen Person gefährdet ist (z.B. gewalttätige Angehörige).

Wenn Sie nur mehr eingeschränkt entscheidungsfähig sind, besteht die Möglichkeit einer gewählten Erwachsenenvertretung. Sind Sie nicht mehr entscheidungsfähig, besteht die Möglichkeit einer gesetzlichen Erwachsenenvertretung. Nur in Ausnahmefällen wird eine gerichtliche Erwachsenenvertretung bestellt.

Eine Vorsorgevollmacht ist zeitlich nicht befristet, endet jedoch mit:

  • dem Tod der vertretenen Person oder ihres*ihrer Vertreters*Vertreterin
  • durch gerichtliche Entscheidung
  • durch die Eintragung des Widerrufs einer Vorsorgevollmacht im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis
  • durch den Wegfall des Vorsorgefalls (z.B. Person erlangt ihre Entscheidungsfähigkeit wieder) und entsprechenden Vermerk im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis