Angststörungen im Alter

Ängste sind menschlich und normal. Häufig nehmen Angststörungen mit zunehmendem Alter zu. Hier finden Sie Informationen zur Erkrankung und Tipps für Angehörige, wenn Ängste zunehmend den Alltag pflegebedürftiger Personen kontrollieren.

Von einer Angststörung können Personen in jedem Alter betroffen sein. Etwa 10% der Menschen im höheren Alter erkranken an einer Angststörung. Frauen sind 2-3x häufiger betroffen als Männer. Angststörungen zählen daher zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen im Alter.

Angst ist menschlich, normal und schützt uns vor Gefahren. Problematisch wird es jedoch, wenn Angst zu lange, zu intensiv, zu unverhältnismäßig und zu häufig auftritt. Mit der Angst verbundene Gedanken werden oft übermächtig und sind nicht mehr kontrollierbar. Das kann den gesamten Alltag beeinflussen. Betroffene ziehen sich häufig zunehmend zurück und reduzieren ihre sozialen Kontakte.

Sowohl genetische Faktoren als auch psychosoziale Faktoren (wie etwa belastende Lebensumstände) können Ursachen einer Angststörung sein. Angst auslösende Lebensereignisse und Belastungen (z.B. die Konfrontation mit einer schweren Diagnose oder der Verlust eines nahe stehenden Menschen) nehmen meist im Alter zu.

Erkrankungen im Gehirn oder Medikamente können ebenso zur Entstehung von Ängsten beitragen, wie etwa antriebssteigernde Antidepressiva oder das Absetzen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln.

Vor allem im Alter wird man mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert, und viele Dinge verändern sich. Stressoren im Alter sind beispielsweise Erkrankungen, Verwitwung oder der Statusverlust durch Pensionierung. Mit steigendem Lebensalter nehmen zahlreiche altersspezifische Ängste zu, wie etwa:

  • Angst vor Verlusten (kognitive Verluste, Verluste von nahestehenden Menschen, etc.)
  • Angst vor (pflegerischer) Abhängigkeit
  • Angst vor dem Sterben und dem Tod
  • Angst vor Stürzen
  • Angst wehrlos zu sein (z.B. vor Einbrechern)
  • Angst vor Schmerzen oder schweren Krankheiten
  • Angst, die Kontrolle zu verlieren (z.B. durch eine demenzielle Erkrankung, etc.)

Es gibt Angststörungen, die einen konkreten Auslöser haben (beispielsweise Phobien, wie etwa vor Spinnen) und jene, die keinen konkreten Auslöser haben. Dazu zählen die generalisierte Angststörung und Panikattacken.

Generalisierte Angststörung bedeutet, dass sich die Ängste oft auf alles Mögliche beziehen und kein realer Grund dahinter steckt, sondern eher Befürchtungen und Sorgen.

Symptome einer generalisierten Angststörung können z.B. sein:

  • Atemnot
  • Druck und Enge auf der Brust
  • Herzrasen/Herzklopfen
  • Konzentrationsstörungen, innere Unruhe
  • Magen-Darm-Probleme, Übelkeit
  • Nervosität und Reizbarkeit
  • Schlafstörungen
  • Schwindel und Zittern

Bei einer Panikattacke kommt es zu einer akut auftretenden Stressreaktion mit einem massiven Adrenalinschub. Aufgrund der starken Symptome (Atemnot, Herzrasen, kalte Hände und Beine, etc.) glauben die Betroffenen häufig, sie hätten einen Herzinfarkt.

Da die Symptome einer Angststörung oft sehr unspezifisch sein können, kommt den Hausärzt*innen eine besondere Rolle zu.

Um andere Krankheiten auszuschließen und eine sichere Diagnose stellen zu können, werden folgende Maßnahmen empfohlen:

  • ärztliches Diagnosegespräch, um die Symptome und das Ausmaß zu erfassen
  • aktuellen Medikamentenplan überprüfen, um Neben- oder Wechselwirkungen auszuschließen
  • körperliche Symptome ausschließen, die auf andere Erkrankungen hinweisen könnten (z.B.: Diabetes melitus)

Die Therapiemöglichkeiten einer Angststörung hängen meist davon ab, wie schwerwiegend die Symptome sind bzw. wie lange diese bereits andauern. Häufig versuchen Betroffene und ihre Angehörigen, potentiellen Ängsten aus dem Weg zu gehen. Angstvermeidung ist jedoch keine Therapie. Im Gegenteil: Durch das Vermeidungsverhalten kann das alltägliche Leben stark eingeschränkt werden, und die drohende soziale Isolation kann die Symptome oft verschlimmern.

Wenn eine Angststörung diagnostiziert wurde, stehen in erster Linie das ärztliche Gespräch und die Beratung im Mittelpunkt. Dabei können psychosoziale Maßnahmen, Entspannungstechniken oder die Begleitung durch eine Selbsthilfegruppe schon erste Verbesserungen zeigen. Dauern die Symptome der Angststörung jedoch an, kann eine Psychotherapie oder/und medikamentöse Therapie nötig sein. Vor allem die Kombination aus psychotherapeutischen und medikamentösen Maßnahmen erweist sich am effektivsten.

Für Angehörige ist es oft schwer nachzuvollziehen, warum die Ängste überhaupt da sind und einen solch großen Einfluss nehmen. Dennoch sollten Angehörige die Ängste nicht bagatellisieren oder klein reden. Es wird empfohlen, auch als Angehörige eine Beratung in Anspruch zu nehmen, um Betroffene möglichst gut verstehen und begleiten zu können.

Weitere Tipps im Umgang mit Personen, die an einer Angststörung erkrankt sind:

  • Betroffene frühzeitig dazu motivieren, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Damit wird vermieden, dass Ängste chronisch werden.
  • Bei Sturzängsten: Übungen zur Sturzvermeidung trainieren und Muskulatur stärken (ev. auch mit Physiotherapie oder Kinästhetik). Hier finden Sie Tipps zur Vermeidung von Treppenstürzen.
  • Bei Angst vor Einsamkeit bzw. Verlustängsten: angstmindernd können Maßnahmen wie z.B. die Sicherstellung der Erreichbarkeit einer Bezugsperson oder regelmäßige kurze (Telefon)Gespräche wirken.
  • Bei der konsequenten Anwendung von Bewältigungsstrategien, die in Therapien geschult werden, helfen.
  • Betroffene nicht mit Beschäftigungs- und Freizeitangeboten überfordern, um ein Vermeidungsverhalten zu verhindern.
  • Entscheidungen von Betroffenen, wann ärztliche Hilfe in Anspruch genommen wird, müssen akzeptiert werden. Nur bei Freiwilligkeit und Einsicht können Therapien eine entsprechende Wirkung zeigen.