Achtsamkeit in der Pflege

Pflege ist eine sehr erfüllende Aufgabe, gleichzeitig aber auch mit großen emotionalen und körperlichen Belastungen verbunden. Achtsamkeit bietet eine Möglichkeit, diese Belastungen zu verringern und das Wohlbefinden zu fördern.

Was ist Achtsamkeit?

Achtsamkeit bedeutet, den Moment bewusst und ohne Wertung wahrzunehmen. Sie umfasst die Fähigkeit, sich auf die eigenen Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen zu konzentrieren und sie mit Akzeptanz und Mitgefühl anzunehmen. Gerade für pflegende Angehörige kann Achtsamkeit helfen, den „Autopilot-Modus“ zu verlassen und eigenen Bedürfnisse wieder bewusst wahrzunehmen.

Warum ist Achtsamkeit wichtig für pflegende Angehörige?

  1. Stressbewältigung: Pflegeaufgaben können sehr stressig sein – organisatorisch wie auch emotional. Durch das achtsame Fokussieren auf den gegenwärtigen Moment verliert man sich weniger in Sorgen und Ängsten über die Zukunft. Viele wissenschaftliche Studien belegen zudem die gesundheitsförderliche Wirkung von achtsamkeitsbasierten Maßnahmen. Daher finden Achtsamkeitsübungen auch in der klinischen Psychologie oder Psychotherapie Anwendung.   
  2. Emotionsregulation: Pflegende Angehörige erleben häufig eine Vielzahl von Emotionen – von Sorge und Trauer bis hin zu Frustration oder Wut. Achtsamkeit kann dabei helfen, diese Gefühle zu erkennen, ohne sich von ihnen überwältigen zu lassen.
  3. Körperliche Entspannung: Achtsamkeit fördert auch das Körperbewusstsein und die Selbstfürsorge. Dies ist besonders wichtig, da durch chronischen Stress körperliche Beschwerden, Verspannungen und Erschöpfung oft erst zu spät wahrgenommen werden.    
  4. Förderung der Resilienz: Achtsamkeit stärkt die Resilienz, also die Fähigkeit, schwierige Lebensphasen zu überstehen. Sie hilft, negative Gedankenmuster zu durchbrechen und sich auf Lösungen statt auf Probleme zu konzentrieren.
  5. Selbstfürsorge: Pflegende Angehörige neigen oft dazu, ihre eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen. Achtsamkeit erinnert daran, regelmäßig Pausen zu machen, sich selbst zu pflegen und sich mit Mitgefühl zu begegnen.

Die gute Nachricht: Achtsamkeit ist eine Fähigkeit, die man erlernen und jederzeit orts- und zeitungebunden anwenden kann. Da es sich um ein mentales Training handelt muss, ist Training erforderlich, ähnlich wie man auch Muskeln für den Muskelaufbau trainieren muss. Hier erfahren Sie einfache Tipps für Achtsamkeit im Alltag: 

  1. Achtsames Atmen: Eine einfache Übung ist das bewusste Atmen. Nehmen Sie sich mehrmals pro Tag Zeit, um bewusst ein- und auszuatmen und sich vollständig auf den Atem zu konzentrieren. Dies kann auch in stressigen Momenten oder in Momenten der Wut und Ohnmacht helfen, schneller zur Ruhe zu kommen.
  2. Pausen bewusst nutzen: Eine Tasse Kaffee in Ruhe und ganz bewusst trinken, oder beim Essen versuchen, den Geschmack, die Textur und den Geruch der Speisen bewusst zu erleben. Kleine Pausen der Achtsamkeit können im Alltag einfach eingebaut werden und dabei helfen, bewusst zu entspannen.
  3. Achtsame Bewegung: Leichte körperliche Übungen wie Yoga oder Tai Chi können helfen, den Körper zu entspannen und die Achtsamkeit zu schulen. Dabei können spezielle Videos oder Apps, die geführte Mediationen und Achtsamkeitsübungen anbieten, helfen.
  4. Reflexion und Tagebuch: Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit, um Ihre Gedanken und Gefühle zu reflektieren. Das Führen eines Tagebuchs kann dabei helfen, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen. Ein „Dankbarkeitstagebuch“ kann dabei unterstützen, positive Gedanken in den Vordergrund zu holen, und Bücher oder spezielle Übungskarten für mehr Achtsamkeit können beim Einstieg in Achtsamkeitsroutinen helfen.
  5. Achtsamkeit in der Pflege: Nicht nur für Sie als pflegende*r Angehörige, sondern auch für ihre pflegebedürftigen Angehörigen, hat Achtsamkeit positive Effekte. Versuchen Sie, im Umgang mit der zu pflegenden Person achtsam zu sein. Konzentrieren Sie sich auf den Moment und nehmen Sie die Bedürfnisse der Person sowie Ihre eigenen wahr, ohne sich von äußeren Ablenkungen oder Stress beeinflussen zu lassen. Vor allem in der Betreuung von Angehörigen mit Demenz kann ein achtsamer Umgang typische Verhaltenssymptome wie Unruhe, Aggression oder Angst verringern. 

Achtsamkeit kann in vielen kleinen Schritten in den Pflegealltag integriert werden und hat das Potenzial, die Pflegesituation positiv zu verändern. Die eigene Haltung und die Regelmäßigkeit der Übungen sind dabei entscheidend. 

Zusätzlich zu Achtsamkeitsübungen können auch spezielle Erholungsangebote für pflegende Angehörige, Auszeit-Tage oder ein psychosoziales Beratungsgespräch die seelische Gesundheit unterstützen.