Eine gerichtliche Erwachsenenvertretung kann jede Person betreffen! Eine gerichtliche Erwachsenenvertretung wird vom Gericht bestellt und vertritt Menschen, die nicht mehr entscheidungsfähig sind. Eine gerichtliche Erwachsenenvertretung ist jedoch immer nachrangig, das bedeutet, es werden zuvor alle anderen Möglichkeiten der Vertretung abgeklärt.
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Gerichtlich bestellte Interessensvertretung für gegenwärtige ganz bestimmte Geschäfte oder Angelegenheiten bei Verlust der Entscheidungsfähigkeit, wie etwa:
Der Wirkungsbereich, für die die Erwachsenenvertretung zuständig ist, wird im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens genau festgelegt.
Das gerichtliche Verfahren ist kostenlos. Nur das Sachverständigengutachten (ca. € 400,- bis € 700,-) muss von der betroffenen Person bezahlt werden. Wenn das Einkommen sehr gering ist, übernimmt unter gewissen Voraussetzungen der Bund die Kosten.
Die gerichtliche Erwachsenenvertretung hat einen Anspruch auf Entschädigung. Die Entschädigung beträgt in der Regel 5% der Nettoeinkünfte der vertretenen Person. Hat die vertretene Person ein Vermögen über € 15.000,-, können zusätzlich 2% des Mehrbetrages vom Vermögen als Entschädigung herangezogen werden. Die konkrete Höhe der Entschädigung bestimmt das Gericht.
Kostenlose Informationen erhalten Sie bei den Erwachsenenschutzvereinen. Informationen erhalten Sie auch bei einem*einer Notar*in oder Rechtsanwalt*Rechtsanwältin.
Hinweis: Eine Erstberatung bei Notar*innen ist in Österreich (ohne weitere Leistungen!) kostenlos. Eine kostenlose Erstberatung durch Rechtsanwält*innen erhalten Sie hier.
Entscheidungsfähig ist eine Person dann, wenn sie die Folgen ihres Verhaltens versteht, ihren Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann.
Ob jemand entscheidungsfähig ist oder nicht, ist oft auch eine Frage der Unterstützung (z.B. braucht jemand vielleicht nur eine Person, die einen schwierigen Text in einfachen Worten erklärt, damit er*sie zu einer Entscheidung gelangen kann). Daher muss bei der Beurteilung der Entscheidungsfähigkeit auch berücksichtigt werden, ob die Person durch Unterstützung entscheidungsfähig bleibt.
Im Verfahren über die Bestellung einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung kann vom Gericht ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Wenn jedoch der psychische und gesundheitliche Zustand der betroffenen Person durch Befunde schon ausreichend erhoben worden ist (z.B. Gutachten im Rahmen der Pflegegeldgewährung), ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht mehr zwingend erforderlich.
Die Bestellung einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung kann von der betroffenen Person selbst oder von Amts wegen (Behörden, Krankenhäuser, etc.) beim zuständigen Bezirksgericht angeregt werden.
Liegen konkrete und begründete Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung vor, hat das zuständige Gericht verpflichtend einen Erwachsenenschutzverein zu beauftragen. Dieser führt ein sogenanntes „Clearing“ durch, wodurch insbesondere geklärt werden soll, welche Alternativen außer einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung zur Verfügung stehen. Der Erwachsenenschutzverein klärt im Rahmen des Clearings beispielsweise auch ab, für welche konkreten Angelegenheiten eine Vertretung notwendig ist.
Sind keine ausreichenden Alternativen vorhanden, setzt das Gericht das Verfahren fort und verschafft sich einen persönlichen Eindruck von der betroffenen Person. Während des Verfahrens bekommt der*die Betroffene eine*n Vertreter*in, den so genannten Rechtsbeistand. Gibt es wichtige unaufschiebbare Dinge während des Verfahrens zu erledigen, wird ein*e einstweilige*r Erwachsenenvertreter*in bestellt.
Wenn es das Gericht für erforderlich hält, kann es ein Sachverständigengutachten zur Feststellung der fehlenden Entscheidungsfähigkeit einholen.
In einer mündlichen Verhandlung können die betroffene Person oder ihr nahestehende Personen (z.B.: Angehörige, Betreuer*innen) angehört werden. Am Ende des Verfahrens entscheidet der*die Richter*in, ob eine gerichtliche Erwachsenenvertretung bestellt oder das Verfahren eingestellt wird.
Ist eine gerichtliche Erwachsenenvertretung notwendig, wird ein Bestellungsbeschluss ausgestellt. Im Beschluss steht beispielsweise, wer als gerichtliche Erwachsenenvertretung bestellt wurde, für welche Aufgabenbereiche diese*r zuständig ist und er enthält auch eine Aufstellung der Verfahrenskosten. Erst mit diesem Beschluss ist die Vertretung wirksam.
Bei der Auswahl der gerichtlichen Erwachsenenvertretung ist grundsätzlich auf Ihre Bedürfnisse und Wünsche einzugehen. Die Entscheidung obliegt jedoch dem Gericht.
Eine gerichtliche Erwachsenenvertretung können folgende Personen mit deren Zustimmung übernehmen:
Hinweis: Personen, die aus bestimmten Gründen ungeeignet erscheinen oder in einem Abhängigkeitsverhältnis bzw. in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung stehen, dürfen eine gerichtliche Erwachsenenvertretung für eine dort betreute Person nicht übernehmen.
Mit einer Erwachsenenvertreter-Verfügung können Sie eine Wunschperson bezeichnen, die für Sie als Erwachsenenvertreter*in tätig oder auch nicht tätig werden soll. Weitere Informationen zur Erwachsenenvertreter-Verfügung finden Sie hier.
Die Erwachsenenvertretung kann ihre Befugnis durch den Bestellungsbeschluss des Gerichtes nachweisen.
Dinge des täglichen Lebens, wie etwa Einkaufen gehen, Kochen, Waschen, Kauf eines Straßenbahntickets etc. können Sie nach wie vor selbstständig erledigen. Auch wenn Sie eine Erwachsenenvertretung haben, wird Ihre Geschäftsfähigkeit (= das Recht, Verträge abzuschließen) nicht eingeschränkt.
Grundsätzlich soll die gerichtliche Erwachsenenvertretung nur in den festgelegten Angelegenheiten unterstützen und muss dabei stets Ihre Wünsche und Absichten berücksichtigen. Dies gilt auch für alle anderen Formen der Erwachsenenvertretung.
Ausnahme bei der gerichtlichen Erwachsenenvertretung: Besteht eine ernste und erhebliche Gefahr für Sie, dann kann das Gericht einen Genehmigungsvorbehalt für bestimmte Angelegenheiten anordnen. Das heißt: Sie brauchen die Zustimmung ihrer Erwachsenenvertretung beim Abschließen dieser Angelegenheiten. Gibt es einen Genehmigungsvorbehalt z.B. für Alltagsgeschäfte, dann sind Ihre Handlungen für diesen Bereich vorerst schwebend unwirksam und können nachträglich von der gerichtlichen Erwachsenenvertretung genehmigt werden.
Nein, die Erwachsenenvertretung ist nicht Betreuer*in der vertretenen Person. Wenn aber für die Betreuung der vertretenen Person nicht ausreichend gesorgt ist und z.B. die Gefahr besteht zu verwahrlosen, hat die Erwachsenenvertretung sich darum zu kümmern, die notwendige Betreuung zu organisieren (z.B. Organisation von mobilen Diensten). Letztendlich entscheidet die vertretene Person, ob sie ein Hilfsangebot annimmt oder nicht.
Jede*r Erwachsenenvertreter*in hat bestimmte Verpflichtungen gegenüber dem Gericht:
Jede Person hat außerdem die Möglichkeit, sich an das zuständige Pflegschaftsgericht zu wenden und eine Überprüfung anzuregen, sollte der Verdacht bestehen, dass die Vertretung nicht angemessen ist oder nicht im Sinne der vertretenen Person handelt.
Grundsätzlich ist Ihre gerichtliche Erwachsenenvertretung zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ihre gerichtliche Erwachsenenvertretung hat aber eine Auskunftspflicht gegenüber Ehegatten*Ehegattin, eingetragene*n Partner*in und Lebensgefährte*Lebensgefährtin, Eltern und Kindern der vertretenen Person zu:
Ausnahme: Keine Auskunft darf erteilt werden, wenn die vertretene Person dagegen widerspricht oder wenn die Auskunft das Wohl der vertretenen Person gefährdet ist (z.B. gewalttätige Angehörige).
Die gerichtliche Erwachsenenvertretung wird in erster Linie dafür sorgen, dass Sie über ein regelmäßiges Einkommen verfügen. Dazu werden bei Behörden Anträge gestellt bzw. um finanzielle Unterstützungen (z.B. Mindestsicherung, etc.) angesucht. Die Vertretung sorgt auch dafür, dass Fixkosten (z.B.: Miete, Strom, etc.) fristgerecht bezahlt werden und Sie genügend finanzielle Mittel für Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens zur Verfügung haben. Wenn größeres Vermögen vorhanden ist, muss die gerichtliche Erwachsenenvertretung dieses mündelsicher anlegen, d.h. mit möglichst geringem Risiko.
Zumindest zu Beginn und Ende der Vertretung hat die gerichtliche Erwachsenenvertretung dem Gericht eine genaue Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben vorzulegen.
Die gerichtliche Erwachsenenvertretung ist immer nachrangig. Sie kommt nur zum Einsatz, wenn folgende Alternativen für die betroffene Person nicht mehr in Frage kommen:
Die gerichtliche Erwachsenenvertretung endet: